Mehr als 900 Kolleginnen und Kollegen arbeiten bei HDI Deutschland seit gut einem halben Jahr agil – in einer Lieferorganisation. Was sich technisch anhört, hat ganz viel mit Kultur zu tun. Schließlich geht es im hier um Prinzipien wie geteilte Führung, Eigenverantwortung und Transparenz. Chief Transformation Officer Dominik Hennen berichtet im Interview, was die agile Transformation mit den Menschen macht. Und wie sie zum Geschäftserfolg beiträgt.
Dominik, lass uns einen Blick auf die ersten Etappen der agilen Reise von HDI Deutschland werfen. Wie sieht Dein vorläufiges Fazit aus – ist der Start geglückt?
Definitiv, wir sind richtig erfolgreich unterwegs. Das Wichtigste dabei ist, dass sich unsere Teams gut eingelebt haben und sich in der neuen Struktur wohlfühlen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Der Arbeitsalltag sieht für viele Kolleginnen und Kollegen heute ganz anders aus, als vor unserem Start in die agile Welt.
Doch der Mut, neue Wege zu gehen, zahlt sich aus. Bei unserem letzten „Agile Pulse Check“, also unserer Befragung aller Kolleginnen und Kollegen in unserer agilen Struktur, gab es in Summe 86 Prozent positive Rückmeldungen. Zudem haben wir sehr hohe sogenannte „Confidence Votes“ erzielt: Die Teams sind also zuversichtlich, dass sie ihre Ziele erreichen. Heute wissen wir, dass ihr Gefühl sie nicht getäuscht hat, weil sie ihre Vorhaben im ersten Quartal zu 92 Prozent, im zweiten zu 90 Prozent umsetzen konnten. Das sind sehr gute Werte, über die ich mich sehr gefreut habe.
Gibt es auch Dinge, die wir noch besser machen müssen?
Ganz klar: ja. Unter anderem arbeiten wir an der Effizienz unserer Meetings und Zeremonien. Zudem werden wir Lösungen für sogenannte „Rucksackthemen“ finden müssen – unsere Teams schleppen immer noch zu viele Aufgaben mit sich rum, die aus der Zeit vor dem Start der Lieferorganisation stammen.
„Für unsere Führungskräfte bedeutete das, ein Stück weit lieb Gewordenes loszulassen.“ - Dominik Hennen, Chief Transformation Officer HDI Deutschland
Du hast eben gesagt, es lohnt sich, neue Wege zu gehen. Wie habt Ihr die Menschen dazu motiviert, ihre Komfortzone zu verlassen und sich in neue Abläufe zu begeben?
Ich denke, vor allem drei Hebel haben dies möglich gemacht. Erstens: Transparente Kommunikation, wir haben von Anfang an versucht, die Vorzüge des agilen Arbeitens herauszustellen – hohe Eigenverantwortung, Partizipation, flache Hierarchien. Prinzipien, die einfach zum Mitmachen einladen. Zweitens: Eine aktive Change-Begleitung unserer Teams, vor allem hinsichtlich agiler Methodik. Und drittens: Ein umfangreiches Weiterbildungsprogramm für alle agilen Rollen. All dies stand bei uns ganz weit oben auf der strategischen Agenda und wurde von unserem Top-Management unterstützt.
Die Vorteile, die Du gerade beschrieben hast, gelten vor allem für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie sind Eure Führungskräfte damit umgegangen, Verantwortung abzugeben?
Geteilte Verantwortung heißt, dass disziplinarische, fachliche und methodische Führung nicht mehr in einer Person gebündelt sind, sondern auf mehrere Schultern verteilt werden. Die konkrete Ausgestaltung liegt in den Teams, womit wir deren Eigenverantwortung mehr fördern. Für unsere Führungskräfte bedeutete das, ein Stück weit lieb Gewordenes loszulassen. Sie mussten sich entscheiden, welche Art der Führung sie bevorzugen. Das ist nicht per se schlecht, weil die unterschiedlichen Kompetenzen nicht immer gleichmäßig ausgeprägt sind. So hilft die Fokussierung dabei, die eigenen Stärken noch zielgerichteter einzusetzen. Ich denke, ein Großteil unseres Führungsteams hat sich damit gut arrangiert und erfreut sich am Erfolg der Teams. Auch wenn das mitunter ein herausfordernder Prozess der Umstellung war. Sehr hilfreich dabei war das Engagement unserer Personalentwicklung.
Wenn ich das richtig sehe, macht Ihr Agile nicht einfach l’art pour l’art, sondern weil Ihr Euch davon einen spürbaren Impact auf den Geschäftserfolg versprecht. Kannst Du dafür schon Beispiele nennen?
Eine Reihe von ganz konkreten Erfolgen zeigt, dass Agile@HD kein Selbstzweck ist, sondern die Erreichung unserer strategischen Ziele aus GO25 (siehe Kasten) maßgeblich unterstützt. Dabei arbeiten alle Teams unserer agilen Lieferorganisation in einem „Heartbeat“ und nach einer gemeinsamen Priorisierung; mit guten Ergebnissen: Ich denke da an das „HDI Data Warehouse“, das wir erfolgreich in die Cloud „Snowflake" migriert haben. Auch unser Customer Relationship Management läuft jetzt in der Cloud, was zu einer deutlichen Stabilisierung der Anwendung im Vertrieb und Betrieb geführt hat. Die Automatisierung im Sachbereich schreitet voran, sodass wir zukünftig deutlich mehr Geschäftsvorfälle dunkel verarbeiten können. Ein weiteres Beispiel ist der neue Pay-as-you-drive-Tarif, den wir gemeinsam mit Porsche entwickelt haben. Auch die Anpassungen unserer Annex-Produkte auf den neuen Provisionsdeckel haben wir bewältigt.
Beeindruckt hat mich vor allem, dass unser Geschäftsbereich beim diesjährigen Talanx Transformation Award gleich mit vier Projekten unten den Top Ten war. Das ist wirklich ein toller Leistungsbeweis für unsere agile Lieferorganisation.